10 Jahre Kärnten, ein Resümee

naja, auch ein Sonnenland, aber doch nicht so richtig, oder?

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Klafu
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10 Jahre Kärnten, ein Resümee

Beitrag: # 49007Beitrag Klafu »

Nach nunmehr 10 glücklichen Jahren in Kärnten möchte ich mal ein kurzes Resümee ziehen.
Vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen zukünftigen Kärnten-Migranten.

Erst mal zum Positiven:
Landschaftlich ist Kärnten ein Traum, Berge und glasklare Seen mit Trinkwasserqualität, die sich im Sommer locker auf 26° erwärmen.
Die Sonne scheint hier sicher häufiger als im restlichen Österreich, wenn auch speziell die Klagenfurter Beckenlage durch viele Nebeltage das nicht unbedingt vermuten lässt.
Die Menschen sind sehr liebenswürdig und als Ausländer hat man in der Regel keine Probleme, Anschluss zu finden.
Die Kärntner sind ein Mischvolk, Einflüsse aus Bayern, Slowenien und Italien sind spürbar, jedoch hauptsächlich slowenische. Hier leben bereits viele Deutsche und Bosnier.
Aggressivität und schwere Kriminalität sind hier wirklich kein Thema, man fühlt sich absolut sicher. Ein Mord kommt nur alle Jubeljahre mal vor.
Autofahren macht noch richtig Spaß, keine nervenden Staus oder überflüssigen Radarfallen.

Nun zum Negativen:
Leider geht es in meinen Augen mit Kärnten schwer bergab. Die Politik hier ist eine einzige Katastrophe, man hat das Gefühl das die Volksvertreter direkt vom Bauernhof in die Politik gekommen sind.
Die Politiker sind verlogen und korrupt, man schaue sich nur die ständigen Gerichtsverfahren gegen selbige an, das ist wirklich ziemlich einzigartig in Österreich.
Kärnten ist eher Nordbalkan als Österreich.
Bis zum Tod von Jörg Haider lief hier alles noch wie geschmiert, im wahrsten Sinne des Wortes, danach brach jedoch das Chaos aus. Milliardenverluste der Hypo wurden aufgedeckt, ein riesiges Fussballstadion wurde gebaut, das keiner braucht und Unsummen an Gelder verschlingt, ein Flughafen, den kaum noch eine Airline anfliegt, da dieser Popelflughafen zu den teuersten in ganz Europa zählt.
Die ersten 7 Jahre gab es hier noch sehr gute Flugverbindungen, 3x täglich nach München, mehrmals die Woche nach Berlin etc., nun geht fast gar nichts mehr. Das widerum lässt die Besucher ausbleiben. Ein vor wenigen Jahren neu errichtetes, sehr schönes Lindner-Hotel in Seenähe ist bereits insolvent, andere Hotels stehen zum Verkauf.
Leider scheint die Mehrheit der Kärntner nicht zu begreifen, wer Schuld an dem Desaster ist und so wählen Sie munter immer wieder diese unfähige und korrupte Bauern-Partei.
Das Eishockeystadion soll für über 30 Mio. renoviert werden, obwohl die Kassen leer sind. Jeder der politischen Amtsmissbraucher will sich hier ein Denkmal bauen. Gerechte Bau-Ausschreibungen scheint es nicht zu geben, parteinahe Firmen bekommen die Aufträge und zahlen dafür kräftig Bakschisch.
Der aktuelle Bürgermeister ist der ehemalige Tennislehrer vom Haider, noch Fragen??
Freunderlwirtschaft ist hier wesentlich wichtiger als Kompetenz, hast du kein Vitamin B, sieht es schlecht aus.
Ökonomisch belegt Kärnten mittlerweile den letzten Platz in Österreich, nirgendwo verdienen die Arbeitnehmer weniger.
Dafür sind die Mieten und Lebenshaltungskosten relativ hoch.

Ich werde jetzt vielleicht nach Salzburg ziehen, da mich die wirtschaftlichen und politischen Zustände immer mehr stören.
Auf keinen Fall möchte ich jedoch nach Deutschland zurück, die Auswanderung nach Östereich war die beste Entscheidung meines Lebens.
Hoffentlich kriegt Kärnten bald die Kurve, es wäre wirklich schade um diesen wunderschönen Flecken Erde.
Uwi
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Beitrag: # 49008Beitrag Uwi »

Ein sehr interessantes Resümee :)
Woher kommst Du ursprünglich?

Ich bin ja nun auch schon knapp über 6 Jahre in Österreich und nach Deutschland kriegen mich definitiv keine 10 Pferde zurück!
Allerdings glaube ich nicht, dass ich den Rest meines Lebens in Wien verbringen möchte und liebäugele langfristig mit Kärnten oder dem Salzkammergut. Die hiesige Politik ist mir eigentlich egal, Korruption, Freunderlwirtschaft, Vitamin B und das alles gibt es in der gesamten Republik. Nur stellen sich die Kärntner halt scheinbar besonders dumm damit an, dass ihre Skandale ständig in der Presse landen. In Wien z.B. läuft das ein bisschen diskreter ab :twisted:
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Siggi!
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Re: 10 Jahre Kärnten, ein Resümee

Beitrag: # 49009Beitrag Siggi! »

Klafu hat geschrieben:Ich werde jetzt vielleicht nach Salzburg ziehen, da mich die wirtschaftlichen und politischen Zustände immer mehr stören.
Du schreibst viel über die allgemeinen Zustände, aber nichts über Deine private Situation. Ziehst Du wirklich wg. der schlechten Nachrichten um oder merkst Du davon auch selbst etwas und wenn ja, was ist der wirkliche Grund für den Wohnortwechsel?

Hintergrund: Ich lebe in einem nach üblichen Kriterien viel schlimmeren Land (ökonomisch auf dem vorletzten Platz in Europa). Aber solange meine persönliche Lebenssituation deutlich besser als in DE ist, ist das doch (bei aller allgemeinen Kritik an den Umständen) kein wesentliches Kriterium für die Wahl meines Wohnsitzes.

Wenn Dich nur die Nachrichten stören, schaff Deinen Fernseher ab und lies sie einfach nicht mehr! :!: :?:

Gruß
Siggi
Klafu
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Beitrag: # 49012Beitrag Klafu »

@Uwi:
Ich bin aus Berlin, genau wie du, oder? Nach Deutschland gehe ich auch nicht mehr zurück, wobei Wien auch ausscheiden würde, da es mich doch zu sehr an Berlin erinnert. Ich brauche die Berge und Seen, beides hat man halt vorwiegend in Kärnten und im Salzburger Land.

@Siggi:
Meine privaten Umstände sind ein weiterer Grund zum Umzug nach Salzburg, wobei ich hier wirtschaftlich auch ganz gut leben kann. Jedoch werde ich beruflich zukünftig öfter nach Berlin fahren, das ist von Salzburg wesentlich kürzer bzw. gibt es wenigstens eine Flugverbindung. Meine Frau muss mehrfach im Monat nach München, also ein weiterer Vorteil.
Der Hauptgrund ist jedoch die politische und wirtschaftliche Situation.
Bei Dir ist vermutlich das ganze Land betroffen, in Österreich braucht man nur das Bundesland verlassen und schon wird es besser.
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Siggi!
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Beitrag: # 49013Beitrag Siggi! »

Klafu hat geschrieben:Bei Dir ist vermutlich das ganze Land betroffen, in Österreich braucht man nur das Bundesland verlassen und schon wird es besser.
Nein, extrem große regionale Unterschiede, viel größer als irgendwo in Westeuropa. In der Hauptstadt kann man das mehrfache von dem verdienen, was in der Provinz möglich ist. In der Hauptstadt denkt man in Westeuropa zu sein, während man in der Provinz sich um Jahrzehnte in die Vergangenheit versetzt fühlt.

Aber es kommt immer auf die persönliche Situation an. Wenn man aufgrund besonderer Umstände im hinterletzten Dorf ein gutes Einkommen haben kann, ist völlig egal, wie der Verdienstdurchschnitt aussieht. Ganz im Gegenteil, dann ist das sogar ein Vorteil, da im hinterletzten Dorf i.a. die Lebenshaltungskosten und die Preise für Immobilien auch deutlich geringer sind. Das meinte ich: Es kommt auf die persönlichen Umstände und nicht auf die Statistik an.

Gruß
Siggi
Jambo
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Beitrag: # 49015Beitrag Jambo »

@ Siggi

top ... genau so sieht es aus.
Man kann in der letzten Bauernkate in der Mongolei leben, wenn sie dem entspricht, was man sich unter einem lebenswerten Leben vorstellt.

So ein Umzug von Kärnten ins Salzburger Land ist in etwa so, als ob man von Rosenheim nach Garmisch übersiedelt ... die selben Bergbauern, die selbe Vetternwirtschaft ... die selben Jugos :roll:

aber Infrastrukturmäßig liegt man natürlich näher am Puls der Zeit.

all the best Klafu

Jambo


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Klafu
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Beitrag: # 49016Beitrag Klafu »

Jambo hat geschrieben:So ein Umzug von Kärnten ins Salzburger Land ist in etwa so, als ob man von Rosenheim nach Garmisch übersiedelt ... die selben Bergbauern, die selbe Vetternwirtschaft ... die selben Jugos :roll:
Der Vergleich hinkt, der Umzug enstpricht eher dem von Brandenburg nach Bayern, wenn man einen deutschen Vergleich anstellen möchte.
Uwi
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Beitrag: # 49055Beitrag Uwi »

Kann ich nicht bestätigen, ich habe sowohl in Rosenheim als auch in Mittenwald gewohnt (und in Garmisch gearbeitet) - gaaaaaanz anderer Menschenschlag, völlig unterschiedlicher Kulturkreis ;)
Liegt wohl daran, das eben das Garmisch doch eine Urlaubsregion ist und Rosinenheim ein Industriekaff :D

Ja, meiner einer is ooch aus Berlin.
Stimmt, Wien kommt mir manchmal so vor, wie die "provinzstädtische" oder sogar "dörfliche" Version von Berlin ;)
Aber ich finde, man kann es hier ganz gut aushalten.
In die Berge ist es nicht so weit, 1 Stunde mit dem Auto :)
Casavio
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Beitrag: # 49162Beitrag Casavio »

Klafu hat geschrieben:
Der Vergleich hinkt, der Umzug enstpricht eher dem von Brandenburg nach Bayern, wenn man einen deutschen Vergleich anstellen möchte.
Was nun mal beides nicht so dolle ist :lol:
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Siggi!
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Beitrag: # 49166Beitrag Siggi! »

Oberbayern, speziell das Voralpenland im Süden von München empfinde ich als Tourist immer wieder als ausgesprochen nett.

Wenn man sich die Immobilienpreise anschaut, relativiert sich bei mir die Schönheit. Was dort ein Reihenhaus kostet, dafür bekommt man im bayerischen Wald ein Zweifamilienhaus mit 1000qm Grund. In den 90er Jahren bin ich so in den Wald gekommen. Wo einen die Armut überall hintreibt. Seit 2004 bin ich deshalb sogar in der Ukraine!

Gruß
Siggi
Casavio
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Beitrag: # 49169Beitrag Casavio »

Wir leben mittlerweile nun 6 Monate in Tirol.
Wir kennen Oberbayern sehr gut, weil wir dort einiges an Verwandtschaft haben.
Ob Tirol unser (Wahl)heimat bleibt, wissen wir noch nicht.
Nach anfänglicher Euphorie stellt sich nun der Alltag ein.
Wer aus Regionen kommt, wo man alles und sofort bekommt, wo die Infrastrucktur, der ÖVNP, Kultur und Co keine wünsche offen lassen, der wird sich dann doch etwas schwerer tun als erwartet, ist bei uns zumindest so.
Tirol ist im Vergleich zu unsere Heimat, noch ein Entwicklungsland was Komfort, Ideenreichtum, Logistik usw. angeht.
Aber es ist ein Entwicklungsland mit einer herrlichen Gelassenheit und das trieb uns halt hierher.

Unser Wunschbundesland ist es allerdings nicht.
Das wäre Kärnten ( Klagenfurt - Villach oder St. Veit)
Auch hier kennen wir so einiges und waren sehr oft in Kärnten, auch hier sind die Menschen die wir kennenlernen durften, spitze.
Allerdings sollte man, wie Klafu es anmerkte, niemals politische Themen aufgreifen oder etwas gegen die FDÖ oder deren Machenschaften sagen, da verstehen viele Kärntner keilen Spaß und haben auch keine Toleranz andersdenkenden gegenüber.
Hier sind sie wirklich noch dümmliche Bauern aus dem vorherigen Jahrhundert, meinen zumindest einige Tiroler.
Ich weiß selbst wie die Politik, Kärnten an den Rande des Ruin gebracht hat.
Das Wörtherseeufer ist so abgeriegelt das die nicht Privilegierten kaum noch Zugang haben- somit verschwinden auch die Zahlenden Touristen.
Das Klagenfurter Stadion ist im wahrsten Sinne auf Sand gebaut.
Laut einigen Kärntnern war es nur einmal ausverkauft, als Herbert Grönemeyer auftrat.
Nun soll es teilweise ( die Ränge ) Rückgebaut werden.
Alpe-Adria Bank nahezu Bankrott.
Technologiezentrum wird nicht wie erhofft angenommen.
Der Flughafen, Millionen EU Gelder sind investiert worden, wofür?
Nur damit damals der J. Haider schnell mal nach Libyen fliegen konnte, bzw. die Libyer nach Europa ohne das es sofort jemand merkte ?
Ich denke Kärnten ist der Pflock dem man in das Österreichische Herz rammt.
Irgendwann wir dieser Politiksumpf das eine oder andere Bundesland mit hinab ziehen.

Aber es gibt auch Ausnahmen, das Minimundus rentiert sich zwar auch nicht, jedoch wird vor dem Minimundus regelmäßig geblitzt und hier kommt richtig was zusammen.
Diese Stelle rentiert sich allemal.


:lol:
Jambo
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Beitrag: # 49182Beitrag Jambo »

Hallo,

Mittenwald - Garmisch ...

auf dem Weg dorthin passiert man Klais ...

tiefstes Urbayern ... dort habe auch ich mein Dasein gefristet :roll:

dann lange Kitzbühel, auch Zell am See ...

damals fand ich´s okay und ich war happy in Austria ...
aber irgendwann gingen mir diese Bergbauern mit ihrem Gwratschl auf den Zeiger ... wenn man da mal tief rein riecht ... oh oh :roll:

bin dann rüber in die Schweiz ...
außerhalb Zürich, Genf, Basel oder St.Gallen ...
noch viel schlimmer :shock:

Bergvolk vom allerfeinsten :wink:


Viele Grüße
Jambo


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