Eine persönliche Perspektive der Krim Krise

Rußland, Estland, Lettland, Weißrußland, Littauen, Ukraine, Moldawien
und was wir vergessen haben, sorry.

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makis

Beitrag: # 54108Beitrag makis »

Jesses Kurtchen, deine Wortwahl laesst aber sehr zu wuenschen uebrig! Ich habe dich schon einmal gefragt wie du auf den Begriff "Terroristen" kommst - du scheinst ja nicht mal die Artikel zu lesen die du selber verlinkt hast, geschweige denn die von Siggi die ich dir doch so ans Herz gelegt hab.

Das sind keine "russischen Terroristen", das sind ukrainische Separatisten, selbst dein Focusartikel nennt sie so.
Geht das eigentlich nicht in deinen Kopf, dass "die Russen" nicht die Ukrainer bedrohen, sondern dass die Ukraine schon seit Jahrzehnten innerlich zerrissen ist und es sich um einen Buergerkrieg handelt? Es ist das ukrainische Volk das sich uneins ist, und die Gruende dafuer sind in der Geschichte zu finden. Wie ignorant muss man eigentlich sein, um diese Geschichte komplett zu vernachlaessigen und dafuer westliche Propaganda vom Feinsten hier oeffentlich zu verbreiten? Und das trotz all der Muehe die Siggi sich macht, journalistisch gut recherchierte und moeglichst unparteiische Artikel zu suchen und hier zu verlinken?

Ich weiss wirklich nicht was man dazu noch sagen soll :roll:
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Siggi!
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Beitrag: # 54110Beitrag Siggi! »

kurtchen hat geschrieben:Nun scheinen die ukrainischen Oligarchen den russischen Separisten den Kampf anzusagen.
Das kann ich gut nachvollziehen. Nachdem die Separatisten mit der Nationalisierung ihrer Werke gedroht haben, versuchen sie nun, dem Vermögensverlust zu entgehen. Aber IMHO wird es gut für die Oligarchen ausgehen, die aktuelle Regierung arbeitet mit ihnen zusammen, setzt sie sogar als Gouverneure ein. Der aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat ist einer von ihnen, der in schon vielen Regierungen unterschiedlicher Couleur vertreten war und somit für Kontinuität (im schlechten Sinne) steht.
Mir wird Angst und bange wieviele Ukrainer und damit auch Krimtataren von den Russen bedroht werden. Was passiert denn wennz.B Restaurantbesitzer vor der Gewalt der Russen fliehen, die Restaurants verleiben sich dann die ferngesteuerten Staatsterroristen ein ?
Vielleicht kannst Du es mir ja glauben, da ich vor Ort bin: Die Krim hat sich durch die Russen nicht in eine Vorhölle verwandelt! Das Leben geht ganz normal weiter, ich habe (mit Ausnahme der grenznahen Bezirke) noch keinen einzigen Soldaten gesehen, die Sicherheitslage ist normal (was ein großer Vorteil im Vergleich zu den Regionen ist, in denen aktuell der Bürgerkrieg tobt). Wir beschäftigen auch aktuell gemischt tatarisch/russische Gruppen von Handwerkern, die nach wie vor ganz normal zusammen arbeiten.

Was es aber in der Tat gibt, sind Ausschreitung, wenn jemand die "falsche" Sprache spricht oder für die "falsche" Überzeugung aktiv wird. Das geht von zerbrochenen langjährigen Freundschaften über Feindschaften sogar im engsten Familienkreis bis hin zu Drohungen und Diskriminierungen. Der Bürgerkrieg setzt sich auf der Ebene der persönlichen und beruflichen Beziehungen fort - aber nicht nur auf der Krim, sondern überall in der Ukraine. Da ist keine Region oder Partei besser oder schlechter als die andere. Diese Auswüchse sind allesamt zu verurteilen, aber es gibt sie zweifellos.

Hier erkennt man, was Menschen alles anstellen, wenn sie nur genug durch die Medien beider Seiten gegeneinander aufgehetzt wurden: Jemand spricht Russisch in Kiew und verliert deswegen den Job, wird an der Haustür (im Süden der Ukraine) massiv bedroht, wenn er nicht zur Präsidentschaftswahl gehen sollte, wird vom Vater als untoter Russenknecht bezeichnet, weil er bei der russischen Armee dient oder von den Freuden als Verräterin abgestempelt, weil sie beim Referendum "falsch" abgestimmt hatte.

Das sind noch harmlose Beispiele. Die schlimmeren kenne ich glücklicherweise nicht mehr aus dem persönlichen Bekanntenkreis: Es wird ein Brandanschlag auf ein Hotel in den Karpaten verübt, da der Besitzer das "falsche" Parteibuch (im Westen ist es das Parteibuch der Partei der Regionen) hat. Ich glaube, dass solche Dinge nicht wirklich politisch motiviert sind, sondern die aktuelle Situation einfach willkommene Gelegenheiten bietet, einen Konkurrenten zu schädigen oder sogar zu vernichten.

Was ich am aktuellen Bürgerkrieg am schlimmsten empfinde: Die EU tut nichts zur Deeskalation und übernimmt noch niemals humanitäre Verantwortung. Dadurch, dass man bislang die Existenz eines Bürgerkriegs offiziell nicht anerkannt hat, muss man keine Flüchtlinge aufnehmen und so das eigene Budget nicht belasten. So gibt es eben weiterhin Kollateralschäden in der Ukraine. Eigentlich ein Skandal, aber keinen scheint es zu stören, wenn die ukrainische Armee sogar mit Artillerie gegen nicht evakuierte Städte vorgeht. Man verwende nur das Zauberwort "Russische Terroristen" und schon ist jede Aktion gegen die eigene Bevölkerung legitimiert.

Durch die aktuellen "Anti-Terror-Einsätze" (offizielle ukrainische Bezeichnung für das militärische Vorgehen gegen Separatisten) wird so viel Hass geschürt, dass ich befürchte, dass sich obige Ausschreitung im persönlichen und beruflichen Bereich noch lange nach offizieller Beendigung der Feindseligkeiten auf beiden Seiten fortsetzen. Kurz: Das friedliche Zusammenleben ist nachhaltig gestört.

So muss ich live miterleben, wie sich meine Wahlheimat, von der ich einmal geglaubt hatte, sie sei der langweiligste Ort der Welt (im positiven Sinne), als Spielball unterschiedlicher Interessen (Westen versus Russland) in einen Ort verwandelt, den ich Auswanderern nicht mehr empfehlen kann.

Gruß
Siggi

P.S: @Kurtchen Mir haben sie in der Schule auch ein massives russisches Feindbild eingepflanzt (Agitation gab es auch in der BRD, bei uns an der Schule war das eine Aufgabe für den Rektor persönlich). Daher speziell für Dich ein Artikel, in dem die Russen nicht gut wegkommen, aber bemerke bitte auch die Verfehlungen des Westens:
http://ukraine-nachrichten.de/die-putin ... analysen#5

Gruß
Siggi
Zuletzt geändert von Siggi! am Fr Aug 15, 2014 3:50 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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kurtchen
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Beitrag: # 54111Beitrag kurtchen »

Moin,

sorry, aber jemanden der Polizeistationen überfällt und Kasernen besetzt,
Polizisten oder Soldaten (vor kurzem waren es mindestens 17 ukrainische Soldaten die in einem Hinterhalt starben) ermordert , den kann ich nicht Separist nennen.

Jemand der unbhängige OSZE Beobachter, unbewaffnet, in Geiselhaft nimmt , ebenfalls nicht. Und sogenannte 'Scheininterviews machen lässt'.

Es bleibt zu hoffen das der Westen dem ukrainischen Volk auch wirklich hilft, nicht nur mit Geld.

Putin kehrt zurück in alte UDSSR Zeiten, hier sollten wir mehr darauf hören was Länder wie Polen und insbesonders die baltischen Staaten zum Thema dazu sagen.

Die haben nämlich gewaltig Angst, und vergessen wir nicht, auch in den baltischen Ländern gibt es einen sehr großen russischen Bevölkerungsanteil.
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remomr
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Schauen wir mal ob sich nach dem 25 Mai was ändert!

Beitrag: # 54131Beitrag remomr »

Siggi die Situation ist sehr, sehr schwierig aber du bringst es gut rüber, du bist sicher nicht zu beneiden dort zu wohnen da kann es leicht passieren das man zwischen zwei Stühlen sitzt. Ich denke dass eines Tages die Wahrheit ans Licht kommt. Ich befasse mich seit Monaten täglich schaue ich die Nachrichten und lese mit grossem Interesse die Nachrichten in den Zeitungen. Wir telefonieren mehrere Male die Woche mit unseren Verwanden in der Ukraine. Ich Rede täglich mit Russen aus verschiedensten Schichten über die Ukraine und die Krim. Ein klares Bild ergibt das alles nicht es wird auf beiden Seiten gelogen Schwarzmalerei und Schönfärberei betrieben.
Es gibt zwischen den einzelnen Fernsehsender und Zeitungen von Moskau und hier die Regionalen Sender im Altai schon gravierende Unterschiede in der Berichterstattung.
Es ist nur traurig um die Toten und Verletzten die es auf allen Seiten gibt.
Nur eins ist Hundertpro ohne die Krim hätte Putin die Amtszeit nur schwer überstanden und hätte zur einer zweiten überhaupt keine Chance gehabt.
Ich wohne seit 6 Jahren im Altai und habe Russland von allen Seiten kennengelernt die Menschen wie die Politik. Aber ich lasse mich gerne über Russland aufklären von Usern aus anderen Kontinenten vielleicht then it opens my eyes !
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Siggi!
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Re: Schauen wir mal ob sich nach dem 25 Mai was ändert!

Beitrag: # 54132Beitrag Siggi! »

remomr hat geschrieben:Ein klares Bild ergibt das alles nicht es wird auf beiden Seiten gelogen Schwarzmalerei und Schönfärberei betrieben.
Da stimme ich voll zu! Ein Beispiel von heute. Ich lese in einem deutschen Forum dieses:
Nach dem Freudentaumel jetzt der Preisschock auf der Krim - Erhöhungen von 20 bis 50 Prozent machen den Bewohnern der Halbinsel zu schaffen.
Thomas Hemberger: Leere Regale, unbelieferte Märkte, stundenlang Schlangestehen für Luxusartikel wie Brot, Wasser oder Klopapier, Wahre nur noch gegen Bakschisch, bewaffnete Schutzgeld-Eintreiber überall, keinerlei Rechtssicherheit mehr, Behördenwillkür, Medikamente werden knapp, Kein Trinkwasser mehr in den Leitungen, nur noch wenige Stunden Strom am Tag, kaum noch funktionierende Müllabfuhr ...
So etwas wird verbreitet, Bekannte kontaktieren mich und fragen nach der Situation. So langsam glauben wohl alle, ich werde von Bewaffneten bedroht und schreibe daher die Unwahrheit. Aber nichts von alle dem stimmt - zumindest hier bei uns in Schelkino, ich kann ja nicht für die ganze Krim sprechen!

Der Informationskrieg hat eine Ebene erreicht, die für mich bis dato unvorstellbar war.

Gruß
Siggi
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kurtchen
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Beitrag: # 54142Beitrag kurtchen »

Tja und ich glaube was mir meine Krimtatarin erzählt.

Denn sie bestätigt das was Sigi bestreitet.

Gleichzeitig glaube ich aber auch Sigi. Was bedeutet das ?

Sigi und seine Frau sind ja keine Krimtataren, richtig ?

Wenn ich auf der Krim wohne und Deutscher bin , bin ich kein potentielles Angriffsziel der Separisten.

Und Siggi, es geht mich ja nichts an, aber ich vermute Deine Frau hat russische Wurzeln ?
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Siggi!
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Beitrag: # 54144Beitrag Siggi! »

Denn sie bestätigt das was Sigi bestreitet.
Was genau bestätigt sie: Leere Geschäfte, lange Schlangen, eine nicht funktionierende Müllabfuhr, all dieses?
Sigi und seine Frau sind ja keine Krimtataren, richtig ?
Es geht doch nicht nur um uns. Wir haben mit vielen Menschen in den letzten 3 Wochen gesprochen. Heute mit unserem tatarischen Gärtner. Er fragte uns nach der Situation in UA. Für ihn ist das wie ein Ausland. In seinem Leben (er ist ca. Mitte 20) hat er die Krim nicht verlassen. Er sagte, alles sei für ihn so für vor dem Anschluss. Keine wesentlichen Veränderungen. Die Schwiegermutter sprach recht offen mit ihm eine halbe Stunde. Ich glaube kaum, dass er etwas verheimlichen würde. Der Sanitär Handwerker ist auch Tatar. Ihn werde ich nächste Woche interviewen.
Wenn ich auf der Krim wohne und Deutscher bin , bin ich kein potentielles Angriffsziel der Separisten.
Was sind Separatisten? Die Menschen, die den Anschluss befürworten? Geht es darum? Von denen ist unsere ganze Stadt voll bis unter die Decke! Noch keine einzige Person hat sich uns gegenüber so geäußert, dass sie den Anschluss bekämpft. Einigen war es egal, die überwiegende Mehrheit positiv dazu eingestellt.

Wenn Deine Bekannte sich natürlich aktiv gegen den Anschluss gestellt hat, dann kann ich durchaus glauben, dass es Gegenreaktionen gibt.
Und Siggi, es geht mich ja nichts an, aber ich vermute Deine Frau hat russische Wurzeln
Meine Frau hat seit 2 Generationen ukrainische Wurzeln. Zu Zeiten der Sowjetunion war ihre Nationalität "Tschechisch", was auf die Urgroßeltern zurückgeht, die aus Polen und Tschechien kamen. Was soll das damit zu tun haben, ich hier schreibe? Diese Historie kennt doch niemand in unserem Umfeld auf der Krim.

Gruß
Siggi

P.S: Habe gerade die Geschichte meiner Frau erzählt. Sie hatte ein anderes Erklärungsmodell: Die Bekannte auf der Krim stellt Dir gegenüber das Leben in den schlimmsten Farben dar, um die Wahrscheinlichkeit der Errettung durch Dich zu erhöhen. Keine Ahnung, ob dies stimmt, aber solche Dinge haben wir schon im wirklichen Leben gesehen (auch lange vor dem Anschluss und der aktuellen Krise). Die schlimmsten Erzählungen über die Ukraine habe ich von Ukrainerinnen in DE gehört, die nie verstehen konnten, dass ich dort freiwillig lebe, wo sie geflohen sind. Alles wohlgemerkt schon vor Jahren.
Zuletzt geändert von Siggi! am Sa Mai 24, 2014 8:24 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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kurtchen
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Beitrag: # 54148Beitrag kurtchen »

Die Krimtatarin spricht davon das sie bedroht wurden sind, von Separisten.

Sie sollen 'Verschwinden'.

ist doch klar das die Krimtataren Angst haben, Stalin war es der sie
damals nach Sibierien zwangsdeportiert hat.

Und nun die russischen Separisten.

Die soziale und wirtschaftliche Lage:

Hier die 'Russen' als Wohltäter zu definieren, nur weil sie Krankenhäuser besser ausstatten, sorry das ist doch so nicht in Ordnung.

Die EU würde im Moment genauso helfen, würde man sie in die Ukraine reisen lassen.

Ich sehe schon Kolonen von Hilfsgütern zur Krim aufbrechen, um dann von diesen Staatsterroristen ausgeplündert zu werden.

Das ist doch ein gewaltiges Problem: der Westen kann nicht so helfen wie er will - nämlich den Bürgern.

Und die Russen spielen sich als Wohltäter auf.

Es wird Zeit das die Wirtschaftssanktionen gegen Russland greifen und weiter erhöht werden.

Gleichzeitig sage ich aber auch: die ukrainischen Bürger die damals am Maidan protestiert haben, sie wollten doch nur eine Demokratie wie wir im Westen. Die Gasprinzessin ist ebenfalls nicht sauber. Mutti weiß das auch.

Ich hoffe auf eine Ukraine ohne die Gasprinzession, diese ist nicht geeignet das Land zu vereinen.

Ansonsten die Frage: ist eine Aufteilung der Ukraine so möglich wie
einst in Jugoslavien, damals sind glaube ich insgesamt 5 kleine Staaten gegründet wurden. Wäre das die Lösung ?
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Beitrag: # 54152Beitrag Siggi! »

ist doch klar das die Krimtataren Angst haben, Stalin war es der sie
damals nach Sibierien zwangsdeportiert hat
Ich verstehe die historische Angst. Putin hat doch schon die Tataren rehabilitiert und die Deportation verurteilt. So etwas würde sich doch heute niemals wiederholen können!
Hier die 'Russen' als Wohltäter zu definieren, nur weil sie Krankenhäuser besser ausstatten, sorry das ist doch so nicht in Ordnung.
Das habe ich nicht getan. Ich habe erwähnt, dass etwas getan wird und das in kurzer Zeit. Die Menschen wissen das zu schätzen, insbesondere da in 20 Jahren Ukraine nicht sehr viel vorwärts gegangen ist.
kurtchen hat geschrieben:Die EU würde im Moment genauso helfen, würde man sie in die Ukraine reisen lassen.
Was meinst Du mit damit? Wem verweigert man die Einreise? Es geht jetzt nicht um die umkämpften Gebiete, sondern um den Westen.

Fakt ist doch, dass die EU nicht wesentlich hilft. Es fast nur nur Kredite vom IWF, kaum verlorenen Zuschüsse von der EU. Diese Kredite werden zu schrecklichen Kondition gewährt. Zur Erinnerung noch einmal mein Beitrag:
http://www.auswandern-webforum.de/forum ... 4008#54008

RU würde das auch nicht als Hilfe definieren. Die Perspektive von RU ist folgende: Sie versuchen einen Teil ihres Landes, nämlich die Krim, auf den Stand zu bringen, auf dem andere Landesteile auch sind. (Gleiches ist damals ja auch in der DDR passiert.)

Allein der Anschluss an Russland löst positive Effekte aus. Bei uns sind im Strandbereich drei große Neubauprojekte begonnen worden. Ich kenne den Ort seit 2005. Das ist ganz deutlich, die mit Abstand größte Anzahl von gleichzeitigen Investitionen. Das ist keine Hilfe, sondern diese Projekte sind profitorientierte Privatinvestitionen.

Es scheint so, als habe UA die Blockadehaltung aufgegeben. 30 Züge werden täglich Touristen (über das Territorium der Ukraine) auf die Krim bringen. Wenn das umgesetzt wird, ist das ein ganz wichtiger Schritt für den Tourismus.

Wir müssen nicht spekulieren, wir werden sehen, in welchem Teil des Landes in drei Jahren bessere Lebensbedingungen herrschen: In UA oder auf der Krim. Ich werde berichten.
Gleichzeitig sage ich aber auch: die ukrainischen Bürger die damals am Maidan protestiert haben, sie wollten doch nur eine Demokratie wie wir im Westen
Die Motivation der meisten Maidan Demonstranten war sicher konsensfähig. Aber meine Befürchtung ist, dass es keinen echten Neuanfang geben wird. Ich wünsche aufrichtig, dass ich mit dieser Einschätzung falsch liege. Die Menschen in UA hätten es verdient.

Gruß
Siggi
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kurtchen
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Beitrag: # 54154Beitrag kurtchen »

Tourismus: das sind ausschließlich Russen, die werden wohl kaum in Restaurants gehen die Ukrainern oder Krimtataren gehören.

hatte ich schon Mal gefragt: werden letztere dann zwangsenteignet ???Ich wette das ist schon geschehen.

Mit dem Kolonnen meine ich folgendes: wenn OSZE oder UN Mitarbeiter als Geiseln genommen werden, wie sollen so Hilfskonvois der EU durchkommen.

Ich erinnere mich auch an private Hilfsleistungen, damals für die Polen, wir waren es die es organisiert haben.

Bürger haben Bürgern geholfen, weniger die Regierung.

Die EU hat ein Risen Geldproblem - ganz Südeuropa ist pleite, und nun die Ukraine.

Die Ukraine war ein Wahlkampfthema zur EU nur am Rande ein Thema, die Ukraine hat nicht die Beachtung wie die Türkei.

Und die Ukraine liegt in Europa, sie hat ja wohl eher ein Recht EU Mitglied zu werden als die Türkei. Meine Meinung mit der ich alleine stehe, die Deutschen haben in spätestens 10 Jahren einen türkischstämmigen Bundeskanzler.

so das war mein Wort zum Sonntag.
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Sascha Blodau
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Beitrag: # 54158Beitrag Sascha Blodau »

kurtchen hat geschrieben:...Meine Meinung mit der ich alleine stehe, die Deutschen haben in spätestens 10 Jahren einen türkischstämmigen Bundeskanzler...
Nein, kurtchen, bestimmt nicht alleine.
Ich bin da auch deiner Meinung.
Jeden Tag sehe ich es auf der Straße und in den Bussen und U-Bahnen, auf 100 ausländische Kinder kommt ein deutsches.
In der letzten Klasse meiner Tochter waren von 24 Kindern kein deutsches dabei, und das im eher konservativen München.
Warte mal noch 20 Jahre ab, dann sind die Deutschen eine verschwindend kleine Volksgruppe. Die haben es echt verlernt ein Volk zu sein.
Alles was du brauchst, kommt im richtigen Moment zu dir. Sei geduldig.
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Siggi!
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Beitrag: # 54170Beitrag Siggi! »

kurtchen hat geschrieben:Tourismus: das sind ausschließlich Russen, die werden wohl kaum in Restaurants gehen die Ukrainern oder Krimtataren gehören.
Auf die Krim kamen immer schon hauptsächlich Touristen aus Weißrussland, Moldawien, Russland und der Ukraine. Wir haben vor Ort Restaurants von Usbeken, Tataren, Mongolen, Ukrainern und Russen. Gerade die fremdländischen Restaurants laufen gut.

Du unterstellst alle Russen, dass sie Tataren hassen. Das ist nicht der Fall! Ich schrieb doch schon: Wir haben gemischte Handwerkerkolonen aus Selbständigen, der beiden Volksgruppen. Die Tataren sind hier integriert. (Es mag dort anders aussehen, wo Tataren in Subkulturen leben.)
hatte ich schon Mal gefragt: werden letztere dann zwangsenteignet ???Ich wette das ist schon geschehen.
Ich habe Dir schon viele Fragen gestellt, die meisten beantwortest Du nicht. Aber ich will mich davor nicht drücken: In Schelkino ist niemand enteignet worden. Eine Enteignung wäre nur unter ähnlichen Bedingungen wie in DE zulässig. Auch müsste der Eigentümer entschädigt werden. Im Klartext: Wenn z.B. die Gemeinde eine Straße verbreitern will, aber Dein Haus im Weg steht, dann gibt es Enteignungen.
Mit dem Kolonnen meine ich folgendes: wenn OSZE oder UN Mitarbeiter als Geiseln genommen werden, wie sollen so Hilfskonvois der EU durchkommen.
Es ist wie der Kampf gegen Windmühlen. Nochmals: Es waren keine OSZE Mitarbeiter!

Aber das ist gar nicht der Punkt. Das war im umkämpften Osten. Das würde die EU nicht an Hilfe im Westen hindern.
Die EU hat ein Risen Geldproblem - ganz Südeuropa ist pleite, und nun die Ukraine.
Ich stimme zu: Die EU hat so viele Verpflichtungen durch Bankenrettung und den Schwierigkeiten der südlichen Mitgliedsländer, sie kann realistischer Weise gar keine substantielle Hilfe leisten kann. Aber das ist genau das Gegenteil von dem, was Du vorher geschrieben hast: Die EU würde helfen, wenn es nur möglich wäre.
Ich erinnere mich auch an private Hilfsleistungen, damals für die Polen, wir waren es die es organisiert haben.
So etwas gibt es. Ich will das nicht herabwürdigen. Aber wir sprechen hier nicht von 10 LKWs mit Altkleidern und ein paar ausgemusterten Ausstattungen aus deutschen Krankenhäusern. Bei der aktuellen Lage in UA, braucht das Land Milliarden in zweistelliger Größenordnung. Allein die Gasschulden zu RU belaufen sich auf 3 Milliarden. Das ist schon ein ganz beachtlicher Umfang.
Und die Ukraine liegt in Europa, sie hat ja wohl eher ein Recht EU Mitglied zu werden als die Türkei.
Die Ukraine im Moment aufzunehmen, käme einem ökonomischen Suizid der EU gleich. Es kann nur eine Mitgliedsperspektive auf Jahrzehnte geben. Aber die Hoffnungen der Menschen im Westen von UA sind andere: In 2 oder 3 Jahren, geht es uns so gut, wie den Polen jetzt. Das ist total unrealistisch, aber damit wurden sie zu Revolutionszeiten massiv geködert. Es liefen sogar Werbespots im TV, die falsche Erwartungen weckten.

Gruß
Siggi

P.S: Noch ein Nachtrag von meiner Frau. Sie fühlt sich weder als Russin noch als Ukrainerin. Sie ist als Bürger der Sowjetunion aufgewachsen. Es war alles ein Land, da gab es keinen Grenzzaun 50km von ihrer Heimatstadt entfernt. Sie empfindet die Grenzen und die Unterscheidungen als etwas künstliches.
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Beitrag: # 54171Beitrag kurtchen »

Aber es gibt berechtigte Sorgen das es zu Zwangsenteignungen kommt, und dieses ist möglich.

Fängt ja schon mit den Kasernen auf der Krim an, diese sind bereits in russischer Hand.

Ukrainische Beamte müssen ihre Dienstwohnung verlassen.

Oder ist das eine journalistische Falschmeldung ?
Diese kann es geben denn viele westliche Reporter berichten das Folterungen von Journalisten an der Tagesordnung sind. Hier sagen Sie auch das umgekehrt russische Journalisten in der Westukraine das gleiche passieren kann.

Eine junge Dame von Sprachstammtisch in Düsseldorf hat mir das berichtet.
Sie ist Ukrainerin, der Vater Russe die Mutter Ukrainerin. Sie hat sich uns jedenfalls zu keiner Seite bekannt.

Hier auch ein Bericht dazu.

http://www.siegener-zeitung.de/siegener ... cef24d0-ds
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Beitrag: # 54172Beitrag kurtchen »

Siggi! hat geschrieben:P.S: Habe gerade die Geschichte meiner Frau erzählt. Sie hatte ein anderes Erklärungsmodell: Die Bekannte auf der Krim stellt Dir gegenüber das Leben in den schlimmsten Farben dar, um die Wahrscheinlichkeit der Errettung durch Dich zu erhöhen. Keine Ahnung, ob dies stimmt, aber solche Dinge haben wir schon im wirklichen Leben gesehen (auch lange vor dem Anschluss und der aktuellen Krise). Die schlimmsten Erzählungen über die Ukraine habe ich von Ukrainerinnen in DE gehört, die nie verstehen konnten, dass ich dort freiwillig lebe, wo sie geflohen sind. Alles wohlgemerkt schon vor Jahren.
Rettung ? ihr bin nur Sprachpartner und habe ihr in Deutsch geholfen denn Sie lernte das an der Uni und hatte Kurse am Bayerischen Haus in Simferopol (oder so ähnlich).. Wie bereits geschrieben geht sie nach Island, zum zweiten Mal eben. Es besteht somit NULL Grund sich 'retten' zu lassen.
Ein bisschen viel Phantasie würde ich sagen

:D :D
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Beitrag: # 54174Beitrag Siggi! »

Damit man mir keine Einseitigkeit vorwirft, berichte ich auch negatives:

Ein großes Problem besteht zurzeit bei den Behörden. Die Mitarbeiter haben i.a. nicht gewechselt, müssen aber nach neuen Gesetzen und Verwaltungsvorschriften handeln, die sie größtenteils noch niemals kennen. Oft fehlen sogar entsprechende Formulare. Die Verwaltung kann daher vielerorts ihre Aufgaben nur unvollständig wahrnehmen. Ein Beispiel: Keiner weiß, wie wir russische Aufenthaltsgenehmigungen bekommen können. Man ist hilflos und bittet uns, später wiederzukommen. Als Bürger hängt man oft in der Luft. Das ist total unbefriedigend!

Es muss ein eigenes Grundbuch auf der Krim aufgebaut werden. Die gesamten Immobilien müssen neu registriert werden. Dies wird noch Monate dauern. Im Moment sind daher auch keine rechtswirksamen Eigentumsübertragungen von Immobilien möglich, man kann lediglich Vorverträge abschließen, die aber nicht wirklich bindend sind.

Die Banken sind ein Problemkreis für sich.
- Viele Banken wurden geschlossen, da der Betreiber auf russischem Territorium nicht mehr aktiv sein wollte. Z.B. hat die größte Bank von UA, die Privatbank alle ihre Banken auf der Krim geschlossen. RU will die Anleger entschädigen. Vermutlich dürfen sich die Leute freuen, die Kredite dort laufen hatten.
- Alle Banken auf der Krim brauchen eine russische Lizenz und müssen an das russische Banknetz angeschlossen werden. Das geschieht nur sehr schleppend. Daher funktionieren im Moment noch niemals Western Union oder Moneygram auf der Krim. (Im Klartext: Westliche Touristen sollten ausreichend Bargeld mitnehmen, vor Ort gibt es im Moment keine Möglichkeit an Bargeld zu kommen!)
- Im Moment funktioniert auf der Krim keine einzige internationale Kreditkarte oder auch nur die EC Karte (dank der Sanktionen des Westens).
- Ferner werden die Bankomaten auf Rubel umgestellt. Das ist nicht nur eine Softwareänderung, sondern Mechanik muss gewechselt werden, da die Rubel eine andere Größe haben. Vielerorts gibt es daher noch niemals eine Möglichkeit, mit russischen Karten am Automaten Geld zubekommen.
- Zur Situation bei Geldanlagen und Krediten kann ich keine Aussage machen, vermute aber nichts gutes.

Die ganz überwiegende Mehrzahl der Handelsbeziehungen besteht zwischen Krim und Ukraine. Aber die Liefermöglichkeiten sind unklar. Man kann daher aktuell nur die Dinge kaufen, die im Geschäft vorrätig sind. Bestellungen sind grundsätzlich möglich, aber die Lieferung ist risikobehaftet. Beispiel: Ja, das Bett gibt es auch in anderen Massen, müsste aber bestellt werden, Lieferzeit unklar, da es in West UA produziert wird, können durchaus 2 Monate oder mehr sein. Da der Käufer bei Bestellung eine nicht unerhebliche Anzahlung leisten muss, droht im schlimmsten Fall sogar der Totalverlust der Anzahlung.

Es gibt ein hohes Risiko, dass die Versorgung der Krim nicht sichergestellt ist. 85% des Wassers kamen aus der Ukraine, die Krim hängt am Stromnetz der Ukraine, Lebensmittel und sonstige Wirtschaftsgüter kommen hauptsächlich aus der Ukraine. Die aktuell schlechten Beziehungen zwischen UA und RU lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass Teile dieser Versorgung aus politischen Gründen jederzeit eingestellt werden können.

Die Krim ist ökonomisch vom Tourismus abhängig. Auch hier gibt es eine starke Abhängigkeit vom ukrainischen Festland. Zum einen als Transitstrecke für Touristen von Russland, Weißrussland und Moldawien, zum anderen als Quelle ukrainischer Touristen. Auch hier sind die Zukunftsaussichten zumindest für diese Saison alles andere als rosig.

Das sind insgesamt keine guten ökonomischen Rahmenbedingungen. Die Krim muss eine Durststrecke durchschreiten, die sicher viele Monate dauern wird. Einige Probleme werden sogar Jahre andauern.

Gruß
Siggi
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