Von der Armut in's "Armenhaus" ?

Das Caféhaus - äh Stüberl - für alle Ausgewanderten, damit man den Kontakt nicht verliert, oder so...

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Caribe-Klaus
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Von der Armut in's "Armenhaus" ?

Beitrag: # 9668Beitrag Caribe-Klaus »

Anlässlich immer öfter wiederkehrender Anfragen von Leuten, denen es finanziell in Deutschland nicht so gut geht, "leihe" ich mir mal diesen Artikel vom Strandvogt aus. Anhand eines einfachen Beispiels, hat er hier seine Gedanken erklärt.

Wobei, wie in diesem Fall, es sich in Paraguay nur um ein Beispiel handelt. Dies kann man weltweit umlegen, auch, wie jetzt erst wieder die Frage kam, z.B. nach Ost-Europa.

So, wie ich das hier bei uns veröffentliche, ist es auch gemeint: als Warnung! Zu oft habe ich ganze Familien wieder zurück wandern sehen, oft mit direktem Kurs in die Sozialhilfe...


Gruss Klaus
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Siggi!
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Beitrag: # 9669Beitrag Siggi! »

Hallo Klaus,

ja dies hier auch das Modell, mit dem Menschen überleben bzw. den Grundstock schaffen für eine Firmengründung in UA.

Beispiel: Eine Opernsägerin, verdient durch die Arbeit am Theater keine $100, außerhalb der Saison kann es auch viel weniger sein. Im Land kann man nur gut leben, wenn man reiche Menschen kennt, die eine Opernsägerin für ihre Feste engagiert. Da diese Art der Musik aber bei den neuen Reichen wenig populär ist, eher eine theoretisch Möglichkeit. Was tut die Dame also: Auf nach Italien mit Touristenvisum und dort einfach illegal als Altenpflegerin ein älteres Ehepaar betreuen. Nach 4 Jahren im Ausland hat sie nun eine Wohnung gekauft, der Sohn hat zwei Transporter bekommen, mit dem er ein Fuhrunternehmen betreibt und einiges Geld ist auch noch da. Ich kenne viele Beispiele, vom Juristen, der als Erntehelfer in der Schweiz legal gearbeitet hat, bis zu ganz krassen Beispielen, einer Rechtsanwältin, die ihre "Ferien" in Tschechien im Bordell verbringt (Zielpublikum sind dabei die Deutschen).

Das schlimme ist dabei, dass nach dem Zerfall der Sowjetunion, Menschen mit angesehenen Berufen und Hochschulstudium weniger verdienen, als beispielsweise ein Verkäufer auf dem Markt. Da geht dann der Professor nach Moskau, da er dort als Maurer mehr verdient. Mittlererweile sind die Aussichten hier nicht mehr so schlecht, die Wirtschaft wächst, aber Mitte der 90 Jahre war es ganz schlimm, mit einem negativen Wirtschaftswachstum von 25%, Inflation und Währungsreform und Crash von vielen Banken. Aber auch heute gilt noch: In einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, da kann man nur dann richtig Geld verdienen, wenn man von einem westlichen Unternehmen entsandt wird.

Wenn man natürlich als Auswanderer ein wenig Kapital hat, dann sieht die Perspektive ganz anders aus. Auf der Bank kann man sein Geld mit fast 17% in Landeswährung und ca. 9%/10% in Euro/Dollar anlegen. Der Dollar bzw. Euro hat hier ungefähr die fünffache Kaufkraft (ähnlich wie in PY). Bereits eine fünfstellige Summe sollte zur Zeit ausreichen, um sorgenfrei ohne Arbeit Leben zu können. Um auf längere Sicht Planungssicherheit zu erreichen, sollte man meiner Meinung nach natürlich so viel Geld haben, damit die Kalkulation auch noch stimmt, wenn die Zinsen fallen.

Gruß
Siggi
Zuletzt geändert von Siggi! am Mi Mai 30, 2007 1:24 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Mersi
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Beitrag: # 9696Beitrag Mersi »

Lieber Siggi und lieber Caribe-Claus,

generell denke ich das viele Deutsche es erst merken wie gut es ihnen in Deutschland geht wenn sie sich mal die Lebensverhältnisse in anderen Ländern ansehen.

Hier in Ekuador z.B. unterstützt der Staat die Ärmsten der Armen mit einer Zahlung von 30 $ monatlich. Gratisbehandlungen in staatlichen Krankenhäusern sind angedacht aber noch längst keine Realität. Der Arzt kostet die Leute dann zwar kein Geld, aber die Medikamente müssen sie immernoch selbst auftreiben. Bei einigen Krankheiten geht das ganz schön ins Geld und deshalb sterben hier wirklich noch Menschen da sie kein Geld für Medikamente beschaffen konnten. Als Angestellter in einer Firma hat man es da etwas einfacher, da jeder Arbeitgeber seine Angestellten pflichtversichern muss, allerdings gilt diese Versicherung nur für den Arbeitnehmer selbst d.h. Kinder und die Ehefrau sind da nicht mitversichert. Sollte wirklich mal etwas passieren werden sie dir dann im staatlichen Krankenhaus mitteilen das die Medikamente die zur Behandlung erforderlich sind gerade nicht vorrätig sind d.h. im Endeffekt musst du dann auch selbst die Medikamente zahlen. Deshalb ist hier unbedingt eine private Krankenversicherung abzuschliessen, dann kann man sich das Krankenhaus wo man sich behandeln lässt selbst aussuchen.

Arbeitslosigkeit ist hier eigentlich kein so grosses Problem, da Not die Leute erfinderisch macht. So werden z.B. in den Stadtbussen Becher mit Cola oder Süssigkeiten wie Bomboms oder Kaugummi verkauft. Zur Not kann man in den Bussen auch sein Gesangstalent zum besten geben und auf die Spendenbereitschaft der Leute hoffen. Was den meisten Leuten hier jedoch sonnenklar ist, das man alles versuchen muss um über die Runden zu kommen und man nicht einfach auf der faulen Haut liegen kann. Dies ist meiner Meinung in Deutschland bei einigen Leuten der Fall. Klar das man mit Hartz IV nicht leben kann wie ein König, und bestimmt gibt es auch viele die diese Hilfe bekommen und lieber arbeiten würden doch einige haben sich doch mittlerweile so ans nichtstun und rungammeln gewöhnt das sie gar nicht mehr ernsthaft probieren eine Anstellung zu finden. Der Staat hat diese Leute regelrecht von sich abhängig gemacht weil man sich in Deutschland auch in grösster Not darauf verlässt das es bestimmt staatliche Möglichkeiten gibt wie einem geholfen werden kann. Andererseits sind die staatliche Vorschriften in Bezug auf die Selbständigkeit dann so umfangreich das viele die wirklich was eigenes auf die Beine stellen wollen schnell das Handtuch werfen und den Mut verlieren. Vielleicht gar keine so schlecht Idee mal einige der besonders harten Arbeitsverweigerer mit 200 $ Etat in ein Entwicklunsland
zu schicken damit sie sich dort mit diesem Geld 3 Monate über Wasser halten müssen, natürlich ohne Möglichkeit auf eine vorzeitige Rückkehr und Zusatzhilfsleitungen im Gastland.

Ich denke der Staat müsste in Deutschland auch mal anfangen bewusst Möglichkeiten aufzuzeigen um den Leuten klarzumachen das man sich zuerstmal versuchen sollte selbst zu helfen, anstatt auf die Hilfe anderer zu hoffen.

MfG

Mersi
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Siggi!
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Beitrag: # 9700Beitrag Siggi! »

Hallo Mersi,

Mit der medizinischen Versorgung sieht es hier so aus, dass die Heilbehandlung frei ist. Aber nicht nur Medikamente, jede Spritze, jeder Verband, sogar der Röntgenfilm, also alles außer der ärtzlichen Dienstleistung muss bezahlt werden. Wenn also jemand ernstlich krank ist, dann muss er sich bei allen Freunden und Bekannten Geld leihen, da er das aus eigenen Mitteln nicht bezahlen kann. Diese Schulden muss er dann in den kommenden Jahren abzahlen. Wenn ihm niemand das Geld leiht, dann gibt es eben keine Behandlung. So einfach ist das.

Arbeitslosengeld gibt es hier auch, die aktuelle Höhe kenne ich nicht, vor 5 Jahren waren es ca. 5 Euro im Monat. Daher ist es hier genauso wie Du auch beschrieben hast: Keiner liegt auf der faulen Haut und beschwert sich über ausbleibende Sozialleistungen. Die Leute sind kreativ: Sie sammeln Altglas oder Altpapier und bekommen ein wenig Geld dafür, stehen mit dem Wascheimer am Parkplatz und bieten ihre eine Autowäsche an, etc. Die Arbeitslosenquote ist mittlererweile sogar unter 10% gefallen, also Arbeit gibt es, nur die Bezahlung ist so, dass man von vielen Jobs gerade so überleben kann. Da hilft der eigene Gemüsegarten (durchaus ein paar tausend qm groß) dann sehr, mit dessen Hilfe hier viele Menschen überleben. Die Erträge des Gemüsegartens werden auch verkauft. An den Straßen sitzen überall Großmütter, die Produkte hervorragender Qualität aus dem eigenen Garten anbieten. Dieses Gemüse hat sicher nie einen Kunstdünger oder eine chemische Behandlung gesehen.

Im Fall von Sozialhilfe, zahlt der Staat hier nicht die Miete für die eigene Wohnung. Dann geht es in Sammelunterkünfte, wo die sanitären Einrichtungen und die Küche gemeinsam benutzt werden. Jeder hat dort nur ein kleines Zimmer für sich. Wenn man derartiges in D machen würde, dann gäbe es sicher auch den einen oder anderen Bezieher von Sozialleistungen weniger.

Gruß
Siggi
Caribe-Klaus
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Von der Armut in's "Armenhaus" ?

Beitrag: # 9704Beitrag Caribe-Klaus »

Natürlich gebe ich Euch ohne wenn und aber recht. Jedoch will ich das Thema nicht so auf die Leute lenken, die hier bleiben, sondern auf die, die meinen, sie könnten in einem "3. Welt-Land" es besser haben, als in D arbeitslos zu sein. Und die Zeitungen sind voll davon, die Arbeit dort suchen, hier mal was aus Zeitungen der Dominikanischen Republik. Diese Anzeigen wurden natürlich von mir bearbeitet: (unkenntlich gemacht)

...sucht job mit Pferden! Am Anfang sollte Unterkunft vorhanden sein! Bitte nur angebote mit Fixlohn! Sprachkentnisse in Deutsch und etwas english, spanisch lerne ich erst!... oder

...Helfer gesucht? Rufen Sie mich an, wenn Sie einen Helfer für was auch immer benötigen...

...Hausmeister mit jahrelanger Berufserfahrung (xxxx, gelernter Maler und Lackierer, handwerklich begabt) wohnhaft bei xxxx sucht neue Herausforderung in der República Dominicana als Hausmeister in Betreuungs-, oder Bewachungstätigkeit Ihres Eigentums auch während Ihrer evtl. Abwesenheit...


Die "Konkurrenz", ein Dominikaner(in), am dortigen Arbeitsmarkt für sie, sieht so aus:

Monatseinkommen zwischen 150$ - 200$
Miete wird in der Regel nicht bezahlt da er/sie im Familienverband lebt und auch unterstützt wird...

Ein Europäer benötigt mindestens 1000$ im Monat, wobei er dann mehr wie bescheiden leben muss, Unterstützung bekommt er keine, von niemanden...

Gruss Klaus
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Siggi!
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Beitrag: # 9708Beitrag Siggi! »

Hallo Klaus,

verstehe, was Du meinst. Die kommen dann wohl, weil sie denken, dass die Lebenshaltungskosten günstig sind und mal wieder den Kardinalfehler begehen, nicht auch die Einnahmenseite zu berücksichtigen.

So etwas gibt es hier nicht. Nicht genügend Deutsche, keine deutschsprachige Zeitung, Einwanderung ist vergleichsweise schwierig. Ohne Sprachkenntnisse geht hier nichts (ausgenommen die Hauptstadt, aber da ist das Preisniveau mittlererweile höher als in Berlin).

Gruß
Siggi
ich
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Beitrag: # 9797Beitrag ich »

Hallo miteinander,

Ihr habt ja so recht.
ich muss schon sagen, dass mich das Gejammer mancher Deutschen doch recht nervt.
immer wieder kommen so Dinge, wie : "In Deutschland ist alles sch..., die Mehrwertsteuer wird erhöht, Harz4 usw. ich will nur noch weg."
Aber gerade in Sachen Sozialleistungen, Lohnniveau, Lebenshaltungskosten wird man kaum ein Land finden, dass besser als Deutschland ist. Aber anscheinend hat sich das noch nicht herumgesprochen.
Nicht, dass ihr mich falsch versteht, es gibt Gründe genug ins Ausland zu gehen. Schliesslich lebe ich selbst schon einige Jahre in Holland. Aber das einen der Staat besser versorgt ist wirklich kein Grund.

Gruss ich
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