Eine persönliche Perspektive der Krim Krise

[kurtchen]

Zu Sigi!

russische, regimekristische Journalisten werden von Landsleuten verprügelt oder gleich ermordet, andere landen in Arbeitslagern, wie unter Stalin.

Ukrainer werden gezwungen die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen.

Wer sowas auch noch falsch darstellt bzw. nicht darauf eingeht hat meine Wertschätzung ja nun überhaupt nicht. Aber das ist ja auch egal.

Gleichwohl: wir sind zum Glück in einer Demokratie aufgewachsen - daher muß auch ich Siggis Meinungen respektieren.

Wertschätzung und Respektieren sind nicht das gleiche.
Das lernen unsere Politker selbst auch nicht.

[arnego2]

Tja kurtchen, hier mal ein Tipp: an deiner Stelle wuerde ich mir mal deine eigenen Beitraege durchlesen, in Ruhe mit einer Tasse Kaffee oder Tee. Du schreibst sehr verallgemeinert und deine Quellen sind nicht so toll,

Mehrmals wurde die Bild Zeitung als Quelle sagt schon mal was aus. Die Bild zeitung ist leider schon dafuer bekannt hysterische Marktschreiber Reportagen zu bringen.

[Siggi!]

10 Jahre ist es nun her, dass ich meine unbefristete, ukrainische Aufenthaltsgenehmigung erhalten habe. Ein Jahr später orientierten wir uns von Sumy, der Heimatstadt meiner Frau, Richtung Krim. Seit 2005 habe ich auf der Krim meinen offiziellen Wohnsitz.

Seit März dieses Jahres gehört dieses Fleckchen Erde nun zu Russland. Die Aufenthaltsgenehmigung ist nicht mehr gültig. In der Familie sind nun alle offiziell Touristen auf der Krim, vermutlich müssen wir in ca. 6 Wochen das Land verlassen. Die Immobilien bleiben uns, nur können wir sie nur noch sehr eingeschränkt nutzen. Das ist im Moment unser ganz massives Hauptproblem.

Gestern habe ich nochmals in den Wasserkanal geschaut, der unsere Gegend versorgt. Er ist nach wie vor leer, obwohl RU Medien behaupten, das Versorgungsproblem sei gelöst. Wir leben von einem Speichersee, aber spätestens im August ist dieser auch erschöpft. Dann gibt es keine vernünftige Lebensgrundlage mehr in der Region, die Landwirtschaft hat jetzt bereits die diesjährige Ernte verloren. Selbst wenn wir also bleiben dürfen, droht uns so der Exodus.

Daneben gibt es in diversen Foren Anfeindungen von Russlandhassern, da wir ja nun Immobilien in Russland haben. Was Kurtchen schreibt, ist noch harmlos, an anderer Stelle werde ich als Opportunist bezeichnet, ein anderer schlägt ernsthaft vor, die Immobilien niederzubrennen, weil sie nun an falscher Stelle stehen.

Ganz deutlich noch einmal: Wir sind für gesamte politische Situation nicht verantwortlich. Insbesondere erwächst uns daraus kein Vorteil, eher im Gegenteil (s.o.). Aber ich werde weiterhin berichten, wie mein ganz gewöhnlicher Alltag hier abläuft. Es ist ganz deutlich nicht so, dass hier Stasi 2.0 Einzug erhalten hat oder ich in der Sowjetunion 2.0 lebe. Im zwischenmenschlichen Kontakt gibt es keine für uns erkennbaren Veränderungen.

Was Regimekritiker angeht, so hatten diese auch in der Ukraine nicht den leichtesten Stand. Auch in UA verschwanden Journalisten und wurden später ermordet aufgefunden. Warum wurde das über die ganzen Jahre hier im Forum nicht thematisiert? Ich will nichts legitimieren, aber sowohl UA als RU waren, was den Umgang mit der Opposition angeht, nicht gerade zimperlich. Man darf mir das vorwerfen, dass dies kein Kriterium war und ist, an dem wir uns orientieren. Aber dann bitte darf die Kritik nicht erst ab März 2014 einsetzen, sondern muss den gesamten Zeitraum ab Wohnsitznahme in 2004 in UA umfassen.

Meine Motive, die Krim als Wahlheimat zu wählen, waren keine politischen. Ich suchte einen Ort, in dem ich in Ruhe leben kann. Wenn das hier möglich sein sollte, bleiben wir, sonst verkaufen wir alles und orientieren uns gezwungenermaßen neu.

Gruß
Siggi

P.S: Dank an Petra für die aufmunternden Worte!

[arnego2]

Viel Glueck Siggi,

[Sascha Blodau]

.. das kurtchen läuft hier echt in Höchstform auf, war er doch sonst eher dezent im Hintergrund. Man hat ihn kaum wahr genommen.
Woher der plötzliche Sinneswandel wohl kommt?

..Ja die von Siggi! angesprochene Preisentwicklung ist und bleibt natürlich einer der fundamentalen Themen.

Wird sich nun zeigen, wo dieses ganze Manöver hinführt.
Steigen die Preise nun eher unter den Russen oder, wie ich es eher erwarten würde, unter dem EU/Merkel-Kommando ¿¿

[Sascha Blodau]

..und Siggi!, ich bin mir Sicher, mit deinen reell wahrgenommen Eindrücken, vor Ort, könntest du in Deutschland durch sämtliche Talkshows touren.
Damit könntest du hier bestimmt noch einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen. Ich glaube kaum, dass es viele deutschsprachige Menschen gibt die momentan vergleichbares mitmachen..

[kurtchen]

Moin, wenn Sigi! den russischen Pass beantragen sollte dann darf er doch in Russland bleiben.

Oder aber seine Frau beantragt ihn, dann wäre zu prüfen ob er als Ehemann dort bleiben kann ?

Talkshow wäre gut, ich wette man würde ihn bei entsprechender Publicity schnell einladen. Es gibt massenhaft russische Spione in D im Moment die
die Medien überwachen. Kann also vom Vorteil sein.

Kostet ein paar gut aufbereitete emails oder Briefe.

[Siggi!]

Moin, wenn Sigi! den russischen Pass beantragen sollte dann darf er doch in Russland bleiben.

Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage. (Habe ich mehrere Jahre in RU gelebt? Würde ich einen Russisch Sprachtest bestehen?)

Oder aber seine Frau beantragt ihn, dann wäre zu prüfen ob er als Ehemann dort bleiben kann ?

Hierfür gibt es ebenfalls keine Rechtsgrundlage, auch meine Frau hat nicht mehrere Jahre in RU gelebt und keine russischen Vorfahren.

Der einzige Lichtblick ist eine Sonderregelung auf der Krim, die Mitte August ausläuft. Dazu muss meine Frau aber zuerst vor Gericht den Nachweis führen, tatsächlich auf der Krim und nicht in Sumy gelebt zu haben. Es ist im Moment sehr fraglich, ob das im gegebenen Zeitrahmen möglich ist. Wir werden es versuchen, haben einen Rechtsanwalt beauftragt.

Gruß
Siggi

[kurtchen]

Moin Sigie!

aber Du doch geschrieben das Sie Ukrainerin ist, dann kann sie doch jetzt den russischen Pass beantragen, oder nicht ?

[Siggi!]

Das meinst Du die ganze Zeit. Das stimmt nicht. Das gilt nur für die Ukrainer, die zum Zeitpunkt der Abspaltung den Wohnsitz auf der Krim hatten. Meine Frau ist in Sumy registriert. Sumy liegt nicht auf der Krim.

Damit man dies verstehen kann: Es gibt in UA keinen zweiten Wohnsitz. Hat man also defakto mehrere Wohnsitze, muss man sich entscheiden, wo man offiziell registriert ist. Als alles noch ein Land war, war diese Entscheidung total beliebig. Für Sumy sprach, dass es dort für uns einfacher war, ein Auto zu registrieren und alle 2 Jahre den "TÜV" zu besuchen. Wir hätten uns niemals träumen lassen, dass dieser Sachverhalt einmal so wichtig werden würde.

Gruß
Siggi

[kurtchen]

Wenn man einen Nachweis führen muss :

wozu gibt es denn Bestechung, gerade jetzt wo viele kein Geld haben würde ich es riskieren.

Führerscheine oder Hochschulzeugnisse kann man sich in RU ja auch kaufen.

Also probieren, Sigie!

Denke unser Sigie! könnte bald geläutert sein mit seiner Symathie für Russland, dann, wenn er letztlich wegziehen muß bzw. nur ein Tourist auf der Krim sein kann.

Komm in das westliche Lager, Sigi !

[Siggi!]

Du kannst keine Staatsbürgerschaft kaufen, zumindest nicht für realistische Preise.
Du kannst nicht einfach in ein Büro gehen und Geld auf den Tisch legen.
Auch Korruption hat Regeln (und sogar Preistabellen).

In der Ukraine haben wir in den ganzen Jahre Erfahrungen mit Korruption gesammelt. Meine Frau ist mit omnipräsenter Korruption groß geworden.

Zur Korruption, UA auf Position 144 (von 175), RU etwas besser auf Position 127, DE auf Position 12:
http://www.transparency.org/cpi2013/results

Führerscheine oder Hochschulzeugnisse kann man sich in RU ja auch kaufen.

Wir wissen, wie man Führerscheine kauft. Aber Staatsbürgerschaft, das ist eine andere Liga.

In der Tat überlegen wir uns, alles (sowohl in UA als auch in RU) zu verkaufen. Das hat aber nur sehr bedingt mit der Aufenthaltsgenehmigung zu tun. Es geht mehr um die schlechten Zukunftsaussichten insgesamt und auch die Krisen, die wir in den letzten 10 Jahren erleben durften, beeinflussen unsere Entscheidung. Über ein paar von diesen Krisen habe ich berichtet:
http://www.auswandern-webforum.de/forum/ftopic2500.html
Vielleicht stelle ich noch einmal eine etwas vollständigere Sicht ins Forum. Aber selbst, wenn wir den Verkauf anstreben, dann wird es Jahre dauern, bis alles zum vernünftigen Preis veräußert ist.

Aber eins ist sicher: Wir werden unseren Lebensmittelpunkt nicht zurück nach DE verlegen!

Gruß
Siggi

[Sascha Blodau]

..schade...das klingt ja wirklich nicht besonders vielversprechend, Siggi!.
Dann kommen ja harte Zeiten auf euch zu.
Hier in Deutschland etwas zu verkaufen oder aufzulösen, geht noch grade so, weil hier noch ein wenig Geld im Umlauf ist.
Wenn ich mir aber Vorstelle die Sachen in einem durchweg total armen Land loskriegen zu müssen, dann sehe ich kaum Licht am Horizont.
Dieses Szenario ging mir mit Bolivien nämlich auch schon oft genug durch den Kopf. Gott bewahre!..

[kurtchen]

So ganz verstehe ich es nun gar nicht Sigi!, auf keinen Fall Deutschland ?

Bist Du einer von diesen frustrierten Ausländern ? Was stört Dich denn in D ?

Und was meinst Du ist im Ausland besser als hier ?

Fakt ist: wir sind ein Einwanderungsland, alle wollen nach D.
Und Du bist frustriert von D ? Passt nicht.

Ich würde mir den Wohungsmarkt in Kroatien anschauen, passt zur Krim, sieht ähnlich aus.

ansonsten Spanien, Bulgarien ?

[Siggi!]

Was stört Dich denn in D ?
Und meinst meinst Du ist im Ausland besser als hier ?

Ich bin jedes Jahr im Winter auf Kundenbesuch in DE. Ich weiß, wie es dort ist und trotzdem gehe ich seit 10 Jahren mit Freude zurück in meine Wahlheimat - aber nicht so in diesem Jahr. In diesem Jahr stand die Sorge an erster Stelle.

Ich will nicht beurteilen ob DE besser oder schlechter als die Wahlheimat ist. Vermutlich kommen dann 100 rationale und sehr richtige Argumente für DE.

Die positiven Lebensgefühle, sie überwiegen bei mir in der Wahlheimat, wenn wir dieses Jahr, das Jahr des Bürgerkriegs einmal aus der Betrachtung ausschließen.

Fakt ist: wir sind ein Einwanderungsland, alle wollen nach D.

DE ist IMHO kein Einwanderungsland. Schau Dir einmal die Ausländergesetze an. Da überwiegen humanitäre Gesichtspunkte und es findet keine Selektion nach einem Punktesystem wie z.B. in Kanada statt. Aber ich stimme Dir im zweiten Teil Deiner Aussage zu: Alle wollen dahin.

Das ist aber keine Hommage an die deutsche Lebensart, sondern hat i.a. genau einen Grund: Die Verdienstmöglichkeiten! Diese sind in Westeuropa in der Tat vergleichsweise gut, aber dafür muss ich glücklicherweise dort nicht wohnen.

Noch einmal deutlich: Wir spielen mit dem Gedanken, die Zelte hier abzubrechen, aber eine Entscheidung ist noch lange nicht gefallen. Daher ist es viel zu früh, über Alternativen zu sprechen.

Gruß
Siggi